Aliki blickte hinter ihm her. Gerade wollte sie ihm vorschlagen, dass sie ihm etwas zu essen holen könnte, als er sich zu ihr umdrehte. Sie blickte ihn fragend an. Sie konnte seinen Blick nicht deuten. Unmerklich schloß sich ihre Hand wieder etwas fester um das Messer in ihrer Hand. Sie behielt den Mann im Auge und wartete ab, was er als nächstes tun würde.
Er deutete auf seinen Magen, dann auf die Frau, er öffnete seinen Mund und zeigte drauf. Das alles tat er mit einem fragenden Blick. Danach zeigte er wieder auf die Aliki, er machte ihr deutlich das sie gehen sollte um ihm etwas zu essen zu holen.
Aliki nickte. "Ich habe verstanden. Sie möchten gerne, das ich ihnen etwas zu essen holen. Das wollte ich ihnen gerade anbieten." Sie lächelte ihn freundlich, wenn auch etwas scheu an. Sicherlich gebot es die Nächstenliebe, ihm etwas zu essen zu geben, dennoch konnte sie sich nicht dagegen zur Wehr setzen, dass sie ihm aufgrund seiner typischen Verletzungen Mißtrauen entgegen brachte. Etwas in ihr riet ihr zur Vorsicht. Sie ließ ihn nicht aus den Augen. Ebenfalls war ihr klar, dass sie ihm nicht den Rücken zudrehen würde. Sie machte ein paar weitere Schritte rückwärts, wobei sie acht gab, wohin sie trat. Der Weg unter ihren Füßen war zum Glück eben und fest.
Eigentlich hatte er nur vor sie zu betäuben, sie zu fesseln und ihr ihrem Schicksal hier im Wald zu überlassen. Aber sie war schlau genug ihm nicht ihren Rücken zu zudrehen. Er kam zu dem Schluß das es egal war ob er noch jemanden töten würde. Blitzschnell, ohne das sie eine Chance hatte zu reagieren, zog er sein Messer und warf es nach ihr.
Da aber der Griff des Messer immer noch voller Blut war, lag es nicht richtig in seiner Hand und so flog es an ihr vor bei. Es blieb ein paar Meter hinter ihr in einem Baum stecken.
Er konnte sein Pech nicht fassen, jetzt blieb ihn nur die Flucht. Da die Frau von dieser plötzlichen Reaktion erschrocken wirkte, nutzte er die Gelegenheit und verschwand schnell in dem Wald. Die Frau konnte, durch die Büsche nicht sehen wohin er lief.
Aliki war so überrascht das sie sich nicht bewegen konnte, es wurde ihr schlagartig klar das sie nur um ein Haar dem Tod entkommen ist. Als sie wieder klar denken konnte war der Mann schon in dem Wald verschwunden.
Sie drehte sich zu dem Messer um, es steckte nicht feste in dem Baum, sie konnte es ohne Mühe herraus siehen.
Ein paar Sekunden später hörte sie Stimmen aus dem Wald, die sich von dem Haus der O´Haras näherten. Dann sah sie auch schon eine kleine Gruppe von Soldaten auf sie zu kommen, sie wurden von einem first Sgt. angeführt.
Miller sah Aliki als erstes in dem Wald stehen, sie suchte allem anschein nach, nach Kräutern. Da sie zwei Messer in der Hand hielt und einen kleinen Korp dabei hatte. Allerdings sah sie aus, als hätte sie gerade den Teufel gesehen.
"Miss was machen sie hier? Wissen sie den nicht was geschehen ist? So viel ich weiß sind sie eine gute Krankenschwester und ihre Hilfe könnte oben im Haus des Majors gebraucht werden. Aber sie sollten sich beeilen, viel Zeit wird sie nicht mehr haben und der Doktor kann bestimmt jede Hand gebrauchen."
Miller nickte ihr zu und folgte seinen Männern weiter in den Wald.
Aliki war fassungslos. Er hatte tatsächlich versucht, sie mit einem Messerwurf zu töten. Nicht das sie nicht mit einem Angriff von ihm gerechnet hatte, aber sie hätte nicht erwartet, dass er so kaltblütig sein würde. Er schien im Umgang mit dem Messer gut geübt zu sein. Soviel konnte sie aufgrund seiner Bewegungen sagen.
Als das Messer auf sie zuflog geschah alles, was in Bruchteilen von Sekunden ablief, für sie wie in Zeitlupe. Innerlich schloß sie mit ihrem Leben ab. Sie dachte an ihre Familie, an Georg. Wie würde er nur damit umgehen, wenn man ihre Leiche hier im Wald fand? Würde er es verkraften? Er würde rasend werden. Michali? Ekatherini? Die Kinder? ... Sie dachte an ihre tote Mutter. Bald würden sie sich wiedersehen ...
In diesem Moment schlug das Messer neben ihr im Baum ein und brachte sie schlagartig wieder zurück in die Realität. Aliki blinzelte. Sie konnte gerade noch sehn, wie ihr Angreifer im Wald verschwand. Erleichtert stellte sie fest, dass es dem Allmächtigen gefallen hatte, ihre Geschicke anders zu lenken, als sie es erwartet hatte. Hierfür dankte sie ihm von ganzem Herzen.
Sie hatte als der Mann floh einen kurzen Moment überlegt, ihm ihr eigenes Messer nachzuwerfen. Sie entschied sich jedoch dagegen. Falls er einen weiteren Angriff aus dem Hinterhalt starten wollte - was sie ihm ohne weiteres zutraute - dann wäre sie ohne Waffe und das sie ihm körperlich unterlegen war, war ihr klar.
Da sie durch das dichte Unterholz nicht sehen konnte, wohin er gelaufen war, beschränkte sie sich darauf, zu lauschen. Es war nichts zu hören. Kein Knacken von Zweigen, kein Rauschen im Unterholz. Ihr Angreifer schien fort zu sein. Vorsichtig bewegte sie sich rückwärts auf den Baum zu, indem das Messer steckte. Hierbei behielt sie die Umgebung genau im Auge.
Als sie den Baum erreicht hatte, drehte sie sich zu ihm um und zog das Messer heraus. Sie betrachtete es näher. Es war nichts besonderes an ihm zu erkennen, außer das der Griff mit Blut beschmiert war. Ansonsten handelte es sich um ein ganz normales Bowiemesser.
Aliki mußte über ihre Gedanken den Kopf schütteln: "Ein ganz normales Bowiemesser - klar. Man hat versucht, dich damit umzubringen und was machst du...?" Langsam wurde ihr bewußt, wie knapp sie tatsächlich dem Tod entronnen war.
Eine paar Augenblicke später hörte sie Stimmen hinter sich. Sie drehte sich um und erkannte eine kleine Gruppe von Soldaten, die auf sie zukamen. Als Anführer konnte sie First Sgt. Miller erkennen, der sie als er sie erblickte, besorgt anschaute.
"Miss was machen sie hier? Wissen sie denn nicht was geschehen ist? So viel ich weiß, sind sie eine gute Krankenschwester und ihre Hilfe könnte oben im Haus des Majors gebraucht werden. Aber sie sollten sich beeilen, viel Zeit wird sie nicht mehr haben und der Doktor kann bestimmt jede Hand gebrauchen."
Irritiert schaute Aliki ihn an. "Nein, ich weiß nicht, was passiert ist, First Sgt. Ich war Kräuter sammeln, als ich auf einen CS-Soldaten aufmerksam wurde, der sich im Gebüsch versteckt zu haben schien." Aliki schilderte kurz, was passiert war. "Zu guter letzt hat er mich mit diesem Messer hier angegriffen bevor er in diese Richtung geflohen ist." Aliki gab Miller das Messer und deutete ihm die Richtung, in die sie den Mann hatte laufen sehen. "Würden sie mir bitte sagen, was genau beim Haus des Majors passiert ist", frage sie Miller noch bevor dieser seinen Männern folgte.
Miller nahm das Messer entgegen und steckte es in seinen Beutel.
"Danke Mam! Bleiben sie nicht hier, es ist nicht sicher hier. Was genau geschehen ist kann ich ihnen nicht sagen, ich weiß nur das die Frau vom Major überfallen und schwer verletzt worden ist. So viel ich gehört habe ist sie verstorben. Aber jetzt entschuldigen sie mich, ich muß zu meinen Männern.
"Tom, Joe wartet, der Täter muß hier in der Nähe sein. Er ist in diese Richtung gelaufen!"
Der Sgt. tippte sich noch grüßend an seinen Hut, lief dann seinen Männern nach und gab ein paar Anweisungen.
"Oh Gott, die arme Mrs. O´Hara, der arme Major", stammelte Aliki leise vor sich hin. Sie schüttelte unglaubig den Kopf. Dann nahm sie ihre Beine in die Hand und eilte zum Haus des Majors.