George hatte sich ein kleines Zelt im Zivilenteil des Flüchtlingslagers besorgt. Nach dem der Zug in Fort Worth angekommen war, hatte sich keiner mehr für ihn interessiert, keiner hatte im die Waffe abgenommen und ihn in Haft genommen. Niemand hatte ihm gesagt wie es jetzt weiter gehen würde. Jetzt saß er in einem der Saloonzelte, die überall illegal aus dem Boden schossen. Die Polizei versuchte zwar das Problem ein zu dämmen, aber wenn sie ein Zelt schlossen, entstanden an anderer Stelle zwei neu.
In jedem Zelt sah man das gleiche Bild, die Männer und Frauen die alles verloren hatten, saßen hier und ertranken ihren Kummer im Alkohol. Aber es gab auch die, die versuchten den Flüchtlingen auch das letzte Hemd abzunehmen. Das führte natürlich zu Problemen und die Gewalt nahm immer mehr zu. Erst waren es nur Schlägereien, aber jetzt gab es auch die ersten Messerstechereien und Schießereien.
George stand an einem notdürftig zusammen gehämmerten Tressen und kippte gerade seinen dritten Whiskey runter. Als er gerade seinen vierten bestellen wollte, rempelte ihn ein Mann an.
Dieser Mann war ihm schon vorher aufgefallen, er saß an einem kleinen Tisch mit vier Kumpels und lästerte laut stark über die Rebellen.
„Pass doch auf wo du rum stehst, Sunny!“ sagte der Mann.
George sagte nichts, sonder betrachtete den Mann von oben bis unten
Er war ca. 1,80m groß, schwarz haarig und mit Vollbart. Er hatte abgerissene Kleidung an seinem Leib und stank wie eine ganze Armee. An seinem Gürtel trug er ein Messer und einen Colt.
George blickte wieder auf sein, mittlerweile gefülltes, Glas und steckte sich eine Zigarre an.
„Feigling!“ sagte der bärtige Mann und ging wieder zu seinem Tisch.
George beobachtete den Tisch in einem kleinen Spiegel an der Wand. Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarre als eine junge Frau das Zelt betrat. Sie hatte eine kleine Dose bei sich, in der ein paar Dollarmünzen lagen. Sie ging von Gast zu Gast und fragte nach ein paar Münzen um sich etwas zu essen zu kaufen. Als sie bei George war, gab er ihr drei Dollar, sie bedankte sich und ging zu dem Tisch wo die vier Männer saßen.
Patricia machte sich auf den Weg in die Zeltstadt, die man den Zivilisten zugewiesen hatte. Auf der Fahrt hatte sie wenig Zeit gehabt, darüber nachzudenken, was sie als nächstes tun würde, wenn sie in Fort Worth ankommen waren. Sie hatte Hospitalstewart Roquefort geholfen so gut sie konnte und sich nicht mal dumm dabei angestellt. Nach der Ankunft wurden sie aber relativ schnell getrennt, da das Lazarett und somit auch Claudine Roquefort in den militärischen Bereich übergeleitet wurden. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt, sich zu verabschieden, was sie sehr bedauerte. Jetzt irrte sie ein wenig verloren durch die Zeltstadt, um eine Bleibe für die Nacht zu finden. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie dort bleiben musste und wann sich Gelegenheit bot, von hier weiter weg zu kommen. Sie wollte nach Carolina, der Entschluss stand auf jeden Fall fest. Sie machte einen erschrockenen Satz rückwärts, als ein offensichtlich stark betrunkener Mann aus einem der Zelte gestolpert kam und ihr vor die Füße fiel. Den Geräuschen nach zu urteilen, schien das Zelt wohl einen improvisierten Saloon zu beherbergen. Auch rechts und linke erblickte sie Gestalten, die man bestenfalls als Gesindel bezeichnen konnte. Der Weg hierher, die Gefangenschaft, all das war schon schlimm genug gewesen. Immerhin war sie dort aber nicht allein gewesen, sondern von Menschen umgeben, die sie kannte und vor denen sie keine Furcht haben musste. Patricia drückte ihr Bündel fest an sich und hastete weiter.
Die junge Frau ging auf den Tisch zu, um zu fragen ob die Herrschaften auch ein paar Münzen übrig hätten. Bob beobachtete die Frau, schon seit dem Augenblick als sie das Zelt betreten hatte. Er, und seine Jungs, machten dreckige Witze.
Als sie an ihren Tisch ankam, verstummten sie, mussten sich aber das Lachen mühsam verkneifen.
„Hätten die Gentlemen vielleicht eine kleine Spende? Mein kleiner Sohn und ich leiden so an Hunger.“
„Nun junge Dame, wir leiden auch an einer Art von Hunger. Einen Hunger den….“
Bob griff mit einer schnellen Bewegung nach dem Arm der Frau und zog sie mit Gewalt auf seinen Schoß.
„…..den nur du stillen kannst.“
Bob versuchte ihren Hals zu küssen, die junge Frau schrie wie am Spieß und versuchte sich los zu reißen.
Madeline kam völlig erschöpft mit ihren 4 Kleinkindern und dem fiebernden Baby vor den Toren der erstmal rettenden Zeltstadt an. Sie war froh darüber dass sie die anderen Kinder ihres kleinen Waisenhauses, unten in Galveston, auf andere Planwagen verteilen konnte. Sie hoffte inständig dass diese auch irgendwo gut und sicher angekommen waren. Jetzt war es erstmal wichtig ein Zelt zu bekommen, wo sie sich und die Kinder unterbringen konnte. Und natürlich musste sie schleunigst das Lazarett aufsuchen, um für das fiebernde Baby, dessen Eltern beim Fluchtversuch umgekommen waren, Medizin zu bekommen. Sie beschloss direkt zum Lazarett zu fahren und dort alles weitere zu regeln.
George drehte sich langsam zu dem Tisch mit den vier Männern um. Seine rechte Hand lag auf seinem Colt und er löste die Sicherheitsschlaufe von seiner Waffe. Die Zigarre wanderte von einem Mundwinkel zum anderen.
Dort angekommen staunte er ob des herrschenden Chaos nicht schlecht. Menschen über Menschen waren hier und er fragte sich, wieso die Evakuierung der Flüchtlinge noch nicht begonnen hatte.
Er ritt die "Hauptstraße" entlang und grüßte mal hier, mal da Leute die er vom Sehen her kannte. Er hatte recht wenig mit den Zivilisten in Fort Guadelope und Umgebung zu tun gehabt. Vielmehr war er immer recht isoliert gewesen und im Feldlager.
Er sah ein Zelt an dem einige Chinesen herumwerkelten. Dort herrschte geschäftiges Treiben und ein seltsamer Geruch lag in der Luft als er langsam daran vorbeiritt. Er kannte diesen Geruch und inhalierte soviel davon wie es nur ging. Kurz war er versucht abzusteigen und das Zelt zu betreten um nur ein paar Momente lang alle Sorgen vergessen zu können.
Aber Sam setzte seinen Weg fort und schaute sich weiter um.
George machte einen weiteren Schritt auf den Tisch zu. Alle seine Sinne waren wachsam, seine Sennen und Muskeln waren angespannt. Wie ein Raubkatze, die sich auf den finalen Sprung vorbereitet.
„Ich sage es jetzt zu letzten mal…lass… die… Frau… los!“
Sam versuchte die ungefähre Zahl der Flüchtlinge zu schätzen, aber war einfach zu unübersichtlich. Die bösen, fast verächtlichen Blicke mancher Leute prallten an ihm ab, als er weiter der Straße folgte.
George wich dem Schlag aus, sein Gegner hatte zu viel getrunken und dadurch war seine Reaktion vermindert. Er holte seinerseits zum Schlag aus und traf den Mann mitten im Gesicht, George konnte spüren wie die Nase des Mannes brach. Jetzt ging alles ganz schnell, als sein erster Gegner sich auf dem Boden krümmte, sah er wie der bärtige Mann die Frau los ließ, aufsprang und nach seiner Waffe griff. George`s Reflexe waren schneller und so hatte er seinen Colt als erster aus dem Holster. Er schoss und sein gegenüber zuckte zurück. Er hielt sich vor Schmerzen den Arm und funkelte George aus bösen Augen an.
George glaubte die Sache sei jetzt erledigt, er sah sich nach der jungen Frau um, die verängstigt am Zeltausgang stand. Allerdings hatte er nicht auf seinen Rücken geachtet und so war der Barkeeper unbemerkt in seinen Rücken geschlichen. In dem Augenblick, als er die Waffe in seiner Hand hatte, schlug der Barmann mit einer doppelläufigen Flinte zu. George ließ seine Waffe fallen, der Bärtige lachte auf. Die beiden anderen Kumpanen packten ihn bei den Armen und schlugen ihm eine Flasche Whiskey über den Kopf.
Für einen Augenblick wurde es George schwarz vor Augen, er sah noch wie die Frau aus dem Zelt lief und etwas rief. Dann spürte er die Hand des Bärtigen in seinen blutigen Haaren. Der Mann zog ihm den Kopf zurück.
„Siehst du Sunny, du wolltest ja nicht auf mich hören. Jetzt hast du dir die Falschen zum spielen ausgesucht.“
Mit dem gesunden Arm schlug er George in den Magen.