#16 RE: Fort Hood - Unterkunft der zivilen Krankenschwestern (Miss Higginbottom)
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Madeline nahm einen Schluck aus dem Becher.
„Ich war bei deinem Treck nicht dabei. Zu der Zeit als alle schon aufbrachen hab ich noch im Waisenheim in Galveston geholfen. Ich hab mir ein paar Kinder und ein Baby auf meine Kutsche geladen, dazu noch Gepäck und Proviant. Dann hab ich mich bis nach Fort Worth durchgeschlagen. Das Baby, Beverly hieß sie, zahnte. Sie hatte seit Tagen geweint und Fieber entwickelt. Da hab ich mir Sorgen gemacht. Du kannst dir sicher denken dass eine Kutsche nicht gerade ein geeigneter Ort für Kinder und schon gar nicht für ein Baby ist. In Fort Worth gab’s ein Lazarett. Da bin ich mit Beverly dann hin.“
Sie nahm noch einen kleinen Schluck aus dem Becher und reichte ihn wieder Charlotte.
„Colonel Rush hat sich unser angenommen. Ich wollte die Kleine nicht allein lassen. Brachte erst die anderen Kinder ins Waisenhaus dort und bin dann zurück ins Lazarett. Ach, ja, da hab ich auch George wieder getroffen. Er wollte dir Bescheid sagen das ich dort bin. Hat er wohl vergessen. Der gute George.“
Madeline schmunzelte bei dem Gedanken an George Purcell.
„Und im Lazarett bekamen wir dann ein Bett neben einem Mann dessen Augen verbunden waren. Das war Patrick. Wir haben uns von Anfang an gut verstanden.“
#18 RE: Fort Hood - Unterkunft der zivilen Krankenschwestern (Miss Higginbottom)
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Madeline erkannte in Charlottes Gesicht das sie sich an irgendetwas erinnerte. Nur was?
„Wie schwer er letztlich verletzt gewesen ist kann ich so genau nicht sagen. Das Auffälligste war der Verband um die Augen. Überall im Gesicht hatte er kleine Wunden. Wie von Splittern. Weitere Verletzungen konnte ich nicht sehen. Ich hatte schon die Befürchtung er wäre blind. Doch als man ihm den Verband abnahm und ihn fragte was er sieht, hat er in meine Richtung geblinzelt und ganz leise gesagt: „Etwas wunderschönes.“ Ich blieb noch einen Tag mit der kleinen Beverly im Lazarett. Bin aber jeden Tag bis zu seiner Entlassung ihn besuchen gegangen.“
Die junge Frau blickte Miss Lacy direkt in die Augen.
„Als er mich dann in Washington besuchte, hatte er seinen rechten Arm in einer Schlinge. Ein Streifschuss hatte ihn getroffen. Aber ansonsten war er bei bester Gesundheit.“
Ein kurzer Moment der Stille trat ein. Madeline hatte ganz klar das liebe Gesicht Patricks vor Augen.
„Sag mir, wie geht es George? Habe ihn ja nicht mehr gesehen seit ich aus Fort Worth fortging.“
#22 RE: Fort Hood - Unterkunft der zivilen Krankenschwestern (Miss Higginbottom)
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„Nein, Charlotte. Erschreckt hast du mich damit nicht. Ich hatte nur völlig verdrängt das vielen anderen Menschen in diesem wundervollen Land ähnliches geschehen ist.“
Madeline senkte den Kopf. Die Erinnerungen an ihre Zeit seit dem Ausbruch des Krieges hatte sie versucht zu verdrängen. Bisher war ihr das auch gut gelungen. Natürlich erinnerte man sich nicht gerne an Raub, Enteignung, Flucht und natürlich die Gefahr. Miss Higginbottom liebte Kinder über Alles und deswegen hatte sie sich auch derer angenommen. Doch als es dann viel zu brenzlich wurde, sah sie sich gezwungen mit einigen von ihnen zu flüchten.
Die Flucht in der Kutsche war alles andere als ein leichter Ausritt. Viel Gepäck, wenig Nahrung, für sie manchmal Tage lang nichts, nur damit die Kinder satt wurden. Dann die ruhelosen Nächte. Man konnte ja nie wissen wo der Nächste Tunichtgut lauerte. Oft hat musste sie zur Waffe greifen. Es war viel Verantwortung, aber sie hatte es geschafft.
„Man wächst mit seinen Aufgaben, nicht wahr?“
Mit freundlichem Blick sah sie Charlotte an. „Seit wann bist du auf der Flucht? Bist du mit Sam und George aufgebrochen?“
Wehmütig dachte Madeline an das wunderschöne Anwesen der Purcells. Und auch an ihr eigenes. Das war wohl jetzt in den dreckigen Fingern der Mexikaner. Wenn es überhaupt noch stand.
#24 RE: Fort Hood - Unterkunft der zivilen Krankenschwestern (Miss Higginbottom)
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„Mir ist in Washington die Decke auf den Kopf gefallen. Natürlich dachte ich dass ich dorthin geschickt werde wo Patrick ist. Ich möchte helfen, auf jeden Fall. Aber ich wäre auch gern in Patricks Nähe.“
Die Trennung von Colonel O`Hara war schwer für Madeline. Sie sehnte sich nach seiner Gesellschaft. Bei jedem Gedanken an ihn wurde es ihr ganz warm ums Herz. Charlotte fiel auf, das Miss Higginbottoms Wangen sich röteten.
„Was sagt denn George dazu dass du hier nahe an der Front bist? Dass es deinem Verlobten nicht recht ist, kann ich mir denken. Patrick sieht es sicher genauso. Sicher bin ich mir aber nicht!“
#26 RE: Fort Hood - Unterkunft der zivilen Krankenschwestern (Miss Higginbottom)
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„Ich bin grade erst hierher beordert worden, wie könnte ich da schon um Versetzung bitten? Und um ehrlich zu sein weiß ich gar nicht ob es bei ihm auch ein Lazarett gibt. Vielleicht möchte Patrick mich ja auch gar nicht in seiner Nähe wissen, so unmittelbar an der Front. Hier in Fort Hood sind wir ja nicht direkt im Mittelpunkt des Geschehens. Zunächst versuche ich hier als Apothekerin eingesetzt zu werden. Doch ist es offensichtlich nicht so einfach. Colonel Rush und ich überlegen wie wir beide einig werden können.“
Madeline kamen die Worte des netten Arztes wieder ins Gedächtnis. Sie und Uniform. Wie soll das nur gehen? Da muss es einfach einen anderen Weg geben!
„Ist alles in Ordnung mit George? Deine Worte klingen so abwertend. Was sagt denn seine Liebste dazu das er an der Front ist?“
#28 RE: Fort Hood - Unterkunft der zivilen Krankenschwestern (Miss Higginbottom)
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Sicher hatte die junge Miss Higginbottom darüber nachgedacht ob sie darum bitten sollte an den Frontanschnitt Patricks geschickt zu werden. Doch sie konnte einfach nicht den Mut aufbringen.
„Ich habe darüber nachgedacht ob ich dorthin geschickt werden sollte, doch war ich mir nicht sicher ob Patrick eine Frau wie mich an der Front haben möchte. Erfahrung hin oder her.“
Vor ihrem geistigen Auge sah sie sich vor Patrick stehen und eine Standpauke hören. Darauf konnte sie verzichten. Vielleicht hätte er es aber auch gern gehabt?
„Denkst du Sam schickt dich heim? Immerhin könntest du dann bei deinen Eltern sein. Ihnen geht’s doch hoffentlich gut? Ich erinnere mich immer wieder gern an die Zeit bei euch. Damals war die Welt noch in Ordnung.“
Madeline sah sich und Charlotte unter einem schattenspendenden Baum bei einer Tee-Party sitzen.
„Der Ball, ja. Bald schon ist wieder Weihnachten. Ich hoffe inständig dass wir beide unsere Lieben wiedersehen und das sie wohlauf sind. Genauso hoffe ich das in dieser Zeit die Waffen schweigen.“
#30 RE: Fort Hood - Unterkunft der zivilen Krankenschwestern (Miss Higginbottom)
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„Ich kann dich gut verstehen. Ein Weihnachten ohne den Mann den du liebst zu verbringen, ist nur schwer erträglich. Immerhin weiß ich ja auch nicht wo der Ball stattfinden soll, zu dem Patrick mich eingeladen hat. Vielleicht kommt Sam ja noch rechtzeitig wieder zu dir! Wäre es nicht schön wenn wir gemeinsam feiern könnten?“
Tröstend sah Madeline ihre Freundin an.
„Weißt du, Charlotte, ich bin bei dem Gedanken, an einem Ball teil zu nehmen ganz nervös. Es ist so lange her das ich getanzt habe. Hoffentlich stürzt nicht alles über mir zusammen wenn ich dort bin.“
Es war wirklich lange her das Miss Higginbottom an einer so großen gesellschaftlichen Veranstaltung teilnahm. Mit ihrem verstorbenen Mann hatte sie zuletzt auf einem Charity-Ball getanzt. Kurz bevor dieser im Bürgerkrieg fiel.