Nach dem Frühstück hatten Rosa und Joe noch einen Verdauungsspaziergang gemacht. Joes Gefühle waren im Moment etwas zwiegespalten. Einerseits wirkte der schöne Ball vom Samstag noch nach, andererseits stand die Nachricht, dass sie vorerst nicht nach Mexiko zurückkehren konnten, wie eine dunkle Wolke über ihren Köpfen. Joe war deshalb den ganzen Morgen über etwas schweigsam gewesen und hing seinen Gedanken nach.
Als sie wieder Richtung Fort einbogen, sagte Joe: "Ich glaube, wir sollten uns langsam auf den Weg zu Mr. Reineck machen. Er wartet sicher schon auf uns."
Auch Rosa war heute morgen schweigsam. Die letzten Wochen waren wie ein schöner Traum gewesen, doch hatte sie nun Sehnsucht nach ihrer Heimat. Sie war bereits einmal, während des Krieges, länger von ihrer Familie getrennt gewesen, als sie gewollt hatte. In ihr tobte ein Kampf zwischen Trotz und Vernunft - einerseits konnte und wollte sie diesem... diesem El Pen... nein, ein solches Wort dachte eine anständige Frau nicht mal, ermahnte sie sich selbst. Sie wollte dieser Person nicht erlauben, noch mehr Einfluss auf ihr Leben zu nehmen als er bereits getan hatte, andererseits musste sie an die Sicherheit ihrer Familie denken, die mit einem Gringo als Schwiegersohn sicher in Gefahr wäre, und vor allem dachte sie auch an Joe. Rosa seufzte leise, während diese Gedanken in ihrem Kopf wirbelten.
Rosa schreckte aus ihren Gedanken hoch. "Naja, in Ordnung ist eigentlich nichts, aber es ist auch nicht zu ändern. Das Einzige, was wir tun können ist, es uns in Austin nett einzurichten." Sie schwieg einige Sekunden, dann lachte sie kurz. "Quierido, es tut mir leid, Du kannst nicht wissen woran ich denke. Ich hab Heimweh, und ich mache mir Sorgen um Papa und meine Brüder. Wie gesagt, nichts was sich ändern lässt, aber glaub mir, sollte ich diesen Kerl in die Finger bekommen, hätte er nichts zu lachen."
Joe lächelte aufmunternd. "Wir werden einfach das Beste aus der Situation machen. Glaub mir, ich vermisse Mexiko auch. Morgen werde ich mich mit einem Kontaktmann treffen, der in den nächsten Tagen über die Grenze geht. Er ist ein Freund, der eine Nachricht nach Mexiko bringen kann. So sind unsere Freunde und deine Familie gewarnt."
Rosa nickte. "Du hast recht. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie wütend ich auf diesen Kerl bin. Ich hoffe nur, meine Familie und Pedro kommen zurecht. Wenn Du die Nachricht schickst, teile Papa doch bitte mit, er möge Pedro zu uns auf die Hazienda einladen, sollte er die Cantina schließen müssen." Rosa schaute eine Weile nachdenklich auf den Boden. Dann blickte sie mit einem schelmischen Lächeln auf. "Und sobald wir in Austin ankommen, benötige ich natürlich einen neuen Hausstand und neue Kleider."
"Wir können ja die Nachricht zusammen schreiben. Sollte ich El Pendejo jemals in die Finger bekommen, gnade ihm Gott." Joes Gesicht nahm einen harten Ausdruck an. "Ich töte eigentlich nur aus Notwehr. Aber bei diesem Bastard würde ich keine Sekunde zögern, ihm eine Kugel zu verpassen." Doch er hatte sich schnell wieder in der Gewalt "Tut mir leid, Corazon. Ich hätte das nicht sagen sollen. Das mit dem Hausstand lässt sich auch regeln. Wie du weißt, hatte ich Glück beim Pokern und konnte auch noch etwas Geld beiseite legen, so dass wir über die Runden kommen sollten."
Rosa kicherte leise. "Macht nichts, Du sprichst nur aus, was ich mich als wohlerzogenes katholisches und anständiges mexikanisches Mädchen nicht einmal zu denken getraue. - Lass uns über etwas anderes sprechen: ich bin schon so gespannt, wie es im Waisenhaus zugeht, und wie die Kinder sind."
Als sie durch den Ort gingen sah Sam sich um. Er achtete besonders auf die Menschen, die ihnen auf der Straße entgegen kamen. Während einige wenige ihn freundlich ansahen und zunickten und sogar freudig lächelten, entgegneten ihm die meisten Geichter weit weniger freundlich. Es kam ihm so vor, als ob Gespräche abrupt stoppten, wenn er in Hörreichweite kam. Sie sahen ihn an, mit einer derartigen Kälte und so viel Haß in den Augen, daß es ihm schien, als würden vergiftete Pfeile seinen Körper durchlöchern. Er fühlte sich sichtlich unwohl und wirkte ein wenig angespannt. Es ging ihm weniger darum, was die Leute von ihm hielten, als viel mehr um seine Begleiter und deren Ruf. Jeder Schritt kam ihm vor wie bei einem Spießrutenlauf. Es war keine so gute Idee hier mitzugehen, dachte er bei sich.
-------------------------------------------------- Out, out brief candle! Life´s but a walkin´ shadow, a poor player who strets and frets his hour upon the stage and then is heard no more. It is a tale, told by an idiot, full of sound and fury, signifying nothing.
Auch Peter bemerkte die verachtenden Blicke Einiger, welche Samuel in der Konföderierten Uniform, Mrs. Petersen als Mexikanerin und ihn als deutschstämmigen Einwanderer trafen. Doch besonders freundlich schien er all jene zu Grüßen, welche am meisten gafften.
Unter vorgehaltener Hand sagte er zu Samuel: "Man muss dem Teufel auf den Kopf treten! So heisst ein altes deutsches Sprichwort und das ist genau für solche Augenblicke wie jetzt!" Und kniff kurz die Augen, bevor er auch schon wieder jemanden traff, welcher sie verächtlich anschaute.
"Guten Morgen, Mrs. Wellington! Scheint die Sonne heute nicht herrlich!" grüßte er freundlich.
Mrs. Wellingten stutzte kurz, bevor sie den Gruß beiläufig erwiederte und sich wieder an ihre Arbeit mit der Wäsche machte.
"Ach Peter weist du...ich kann die Leute auf eine Art verstehen....aber gerade das macht es mir so schwer." sagte er "Aber die Zeiten ändern gerade so schnell...alles wird wieder gut. Ich möchte nur nicht, daß Du oder die Petersens nach meiner Abreise darunter leiden müssen, daß ich mit euch gehe, verstehst du?"
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Peter schaute Samuel an: "Als ich Dich zu mir in mein Haus ludt und ich Dir angeboten haben, dass wir uns auf die Veranda setzen, habe ich meine Entscheidung bereits getroffen. Und dieser Entscheidung habe ich mich nun zu stellen.
Somit mache Dir keine Sorgen! Einen alten Badner haut so schnell nichts um!"
Peter klopfte Samuel freundschaftlich auf die Schulter.
Samuel sah Peter in die Augen und lächelte freundlich.
"Wenn du´s sagst."
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