Claudine schluckte schwer und blieb einige Zeit still. Es war offensichtlich, dass sie nach Worten suchte, um sich zu erklären. "Miss Lacy," fing sie an, "isch habe keine Ahnung wie isch es ihnen erklären soll." Claudines Stimme klang hilflos und ihre Finger wanden sich ineinander. "Der General hat misch deswegen bereits gestern zu einem Gespräsch unter vier Augen gebeten. Isch hatte gehofft, dass die Sache damit endlisch aus der Welt ist, aber...", sie stockte und sah Miss Lacy an. In ihren Augen sammelten sich Tränen und sie fragte mit bebender Stimme: "Hassen sie misch eigentlisch sehr für das, was ihm meinetwegen angetan wurde?"
Will blinzelte und schaute sich um. Die Bank an dem kleinen Tisch stand zwar etwas abseits, doch es war ihm immer noch zu viel Trubel. An einer kleinen Lagerhütte entdeckte er einen Hocker. Hier war niemand...also stand er auf und ging die gut 100m um sich dann auf den Hocker zu setzen und die Hüttenwand als Lehne zu mißbrauchen. Nach kurzer Zeit verfiel er schon wieder in dumpfes Grübeln..
Lt. Colonel William Forrester Commanding Provost Marshal
Die Rangerin sah Colonel Forrester einen Moment nach und ließ ihn eine Weile in Ruhe nachgrübeln. Dann stand sie etwas unsicher auf, ging langsam zu ihm hinüber und blieb in gebührendem Abstand stehen. "Kann ich Ihnen helfen, Sir? Vielleicht über irgendetwas Auskunft geben?"
Wiederstandslos lies sich Claudine zur Bank führen und lies sich darauf fallen und blickte Miss Lacy an. "Aber bevor Captain Grant sein Leben zusammen mit mir gerettet hat, hat mein Handeln ihn beinahe umgebracht. Verstehen sie denn nischt? Isch will Ärztin werden, um Menschenleben zu retten. Sischerlisch ist der Tod so mansches Mal stärker oder schneller als wir, aber er hätte sterben können dursch meine Tat und das wäre nischt gerescht gewesen.", sie verstummte kurz da ihre Stimme versagte.
Bevor Miss Lacy aber etwas antworten konnte sprach sie mit zitternder Stimme weiter: "Und sie und all die anderen Damen mussten dabei zusehen…. Es war so grausam das Entsetzen in ihren Gesischtern zu sehen und zu wissen, dass man dafür verantwortlisch ist. Fast jede Nacht kommen im Schlaf diese Bilder hoch. Die vor Erschrecken starren Gesischter... Der sisch auf dem Boden vor unserer Zelle vor Schmerzen krümmende Colonel Mc Allister…. Seine in Fetzten geschlagene Haut am Rücken…. ", Claudine verstummte, schlug ihre Hände vors Gesicht und begann schluchzend zu weinen. Ihre unterdrückten Gefühle und der Schmerz über ihr "Vergehen" brachen wie die Flutwelle eines geborstenen Damms über sie hinein und drohten sie zu ertränken.
Zunächst reagierte der Colonel nicht weiter, richtete aber dann seinen Blick müde auf die Rangerin und musterte sie kurz. Woher...? ...ach ja Ft. Worth.
Dann lächelte er leicht und schüttelte den Kopf. "Nein danke, Ranger. Alles in Ordnung", erwiderte er nur wobei er das Papier ordentlich zusammenfaltete und wieder einsteckte.
Lt. Colonel William Forrester Commanding Provost Marshal
Victorias Blick folgte dem Zettel und sie musterte den Colonel kurz. Dann atmete sie einmal tief durch - ob aus Resignation oder Atemnot durch all die Schusswunden war schwer festzustellen - und meinte dann: "Nun gut, wenn Sie sich erst einmal ausruhen möchten: Es gibt einen Hintereingang, der nicht mehr verbarrikadiert ist, so dass Sie nicht durch den Hauptraum müssen. Sie landen dann direkt bei der Küche und dem Büro von General McAllister, falls Sie das Fort hier noch nicht kennen. Mn kann von dort auch einfach direkt zu den Schlafräumen hochgehen oder in die Waschräume abbiegen, Sir." Sie lächelte kurz zurück und überlegte, ob sie sich doch setzen sollte. Schließlich entschied sie sich dagegen und wartete eine etwaige Frage oder Antwort von Forrester ab.
Als Miss Lacy ihr den Arm umlegte, ließ das Zittern von Claudines Körper etwas nach. Schluchzend, ein leises 'merci beaucoup' stammelnd, nahm sie das angebotene Taschentuch entgegen und schneuzte sich. Nachdem Miss Lacy fertig war antwortete sie, wobei sie immer wieder von einigen Schluchzern unterbrochen wurde: "Mir ist völlig klar, warum isch diesen dreckigen Kerl getötet habe. Isch hätte es nischt ertragen tatenlos zuzusehen, wie man uns wie ein Stück Fleisch verkauft. Und auch heute weiß isch, dass es die einzig rischtige Entscheidung war und würde es wieder machen. Aber isch komme einfach nischt damit zurescht, dass jemand anderes dafür die Strafe erhalten hat." Sie machte eine kleine Pause und sprach dann nach einem tiefen Atemzug weiter. "Und das sie alle das mit ansehen mussten. Aber vielleischt ist das die Strafe, die isch für meinen Frevel zu tragen habe."
Claudine drehte sich zu Miss Lacy und sah sie aus völlig verweinten Augen an. Als sie die Tränen bei Miss Lacy entdeckte, fasste sie nach ihren Händen und sagte aufgelöst: "Es tut mir so unendlisch Leid, dass sie das mit ansehen mussten, auch wenn Colonel Mc Allister die Schwere der Strafe dursch sein Verhalten herausgefordert hat. Isch wünschte, isch könnte das alles ungeschehen machen und den Preis für die Tat zahlen."
Will nickte. "Vielen Dank, aber ich denke ich werde hier einfach noch eine Weile sitzen bleiben bevor wir dann hier mit der Arbeit anfangen", meinte er dann und lehnte sich zurück.
"War es schlimm hier?", fragte er dann doch auf einmal interessiert.
Lt. Colonel William Forrester Commanding Provost Marshal
Verwundert über den Sinneswechsel sammelte sich die Rangerin ein paar Sekunden, bevor sie antwortete: "In Anbetracht dessen, was wir vermutlich als schlimm erachten, würde ich sagen: nein, Sir. Nicht besonders." Victoria dachte einen Moment an den Krieg zurück, an die Gefangenschaft bei den Mexikanern, an einige Morde, die sie mit ihrer Einheit hatte aufklären müssen und an die Massaker der Indianer. Nein, schlimm war der Kampf hier dagegen gewiss nicht gewesen, wenngleich ebenso tödlich.
Claudine sträubte sich zuerst, als Miss Lacy ihr Kinn fasste, um sie so, wenn auch sanft, zu zwingen ihr ins Gesicht zu sehen, gab dann aber schnell nach. Sie musste mehrmals schwer schlucken, als Miss Lacy von ihren Empfindungen der Misshandlung sprach. Sie wollte etwas dazu sagen, aber Charlottes Rede, in deren Verlauf Claudines Tränen langsam versiegten, ließ sie nur stumm da sitzen und zuhören. Die Art wie Miss Lacy über Ehre und Stolz sprach und das Funkeln in ihren Augen ließ Claudine erahnen, welchen Wert, ja welche Bedeutung diese Begriffe für Miss Lacy und für Mc Allister hatten.
Als Charlotte geendet hatte, blieb Claudine stumm sitzen und sah sie forschend an. Sie erkannte Trauer und Schmerz, aber auch eine unglaubliche Kraft und ehrliche Zuneigung. Die Geste mit der Haarsträhne weckte in Claudine ein Gefühl von Geborgenheit und Frieden, als hätte Miss Lacy mit dieser kleinen Handbewegung eine schwere Last von ihrem Herzen genommen. Tief in ihrem Inneren fühlte sie sich getröstet und die Zuversicht, dass eine tiefe Wunde zu heilen begann, breitete sich in ihr aus.
Dieses Gefühl wurde auch nach außen hin sichtbar. Claudines Gesichtszüge entspannten sich, ihre Atmung wurde leichter, ihre Augen gingen nicht mehr hektisch suchend Miss Lacys Blick aus dem Weg, sondern sahen sie offen und ehrlich an und das Zittern ihres Körpers ebte langsam ab. Nach einer Weile sagte sie leise: „Isch bin ihnen sehr dankbar Miss Lacy. Der General kann sisch überglücklisch schätzen sie zu haben.“