"Danke Miss O`Neal" Sarah nahm einen schluck kaffee und fing an ihr Rührei zu essen.Zu Miss Ward gewahnt sagte sie "Das mit der Schule ist eine sehr schöne Sache, gibt es denn schon jemanden der die Kinder unterrichten wird?"
"Ja, antwortete Miss Ward, "ich mache das schon seit etwa einem halben Jahr. Dabei bin ich aber aufgrund der widrigen Umstände nicht über die nötigsten Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen hinausgekommen. Es war auch sehr schwer, den Unterricht mit den verschiedenen Altersgruppen gemeinsam zu gestalten, die Großen langweilen sich dann doch ein wenig. Der Reverend bemüht sich in der Sonntagsschule neben der biblischen Geschichte auch noch etwas übrige Geschichte und allgemeine Kenntnisse zu vermitteln. Außerdem gibt es noch Mr. Wills, der aufgrund seiner Kriegsverletzungen nicht mehr für den Dienst an der Waffe taugt und ebenfalls unterrichtet. Aber eine richtige Schule ist schon etwas anderes. Ich muss dringend kurzfristig nach Mason aufbrechen, um mich um Lehrmaterial zu kümmern und einige private Dinge zu klären. Kennen Sie dort vielleicht einen guten Anwalt? Konkret geht es darum, dass jemand die Vermögensverhältnisse unserer Familie nach unserer Enteignung klärt. Ich habe nämlich gehört, dass die Beschlagnahmung rückgängig gemacht werden soll."
Orry grüßte alle anwesenden freundlich, die Damen natürlich mit einem Handkuss, und bestellte sich einen Kaffee. Er lauschte dem Gespräch, ohne aber etwas zu sagen. Als er die Tasse geleert hatte, bezahlte Orry und machte sich auf den Weg zu Colonel McAllister.
----------------------------------------------- Chief of Staff CS - Streitkräfte
"Miss Ward das mit dem Anwalt wird sich klären lassen, aber hat da nicht schon der General irgendwas in die Wege geleitet ? Sie dürfen mich natürlich gerne nach Mason begleiten wenn Sie möchten, ich werde aber gleich nach dem Frühstück meine restlichen Sachen packen und nach Mason zurück reiten, mein Pferd würde ich hier ungerne zurücklassen." erwiderte Sarah und begrüßte den Colonel freundlich.
Ann-Marie ging mit ihrem Korb am Arm zielstrebig auf O'Neals Meal House zu. Sie sah einige Gäste auf der Veranda sitzen und begrüßte diese nur mit einem freundlichen Lächeln und Kopfnicken, da sie deren Gespräche nicht stören wollte.
Sie blieb neben Lizzy stehen, die gerade einigen Gästen etwas zum Essen gebracht hatte. "Lizzy," sagte sie gut gelaunt "haben sie gleich einen Moment Zeit für mich?"
Lassiter bedankte sich freundlich für das Frühstück und strahlte über das ganze Gesicht. "Köstlich!", bemerkte er dazu...
Als Colonel Flint erschien musterte er ihn kurz fragend und nickte ihm zu. Er kannte ihen nicht, aber vielleicht war es ein weiterer Offizier der aus der Gefangenschaft geflohen war.
Colonel (MD) Lassiter Rush Surgeon General des CS Medical Department Garnisionsarzt von Laredo
Kurz nachdem Colonel Flint gegangen war erschien Gordon in O'Neals Meal House und schaute sich, einen Brief in der Hand, suchend um bis er Miss Ward entdeckte. Auch den Colonel grüßte er förmlich. Er nahm brav den Hut ab und trat hinzu. "Miss Ward, Ma'am...die Damen.
Ähm..Miss Ward...General Stafford läßt seine Empfehlung aussprechen. Der Postreiter brachte diesen Brief. Es ist eine Einladung für den diesjährigen Weihnachtball in Fort Mason und zwar für jemanden der hiesigen Schule. Es geht auch darum, dass im Anschluß an diese Veranstaltung wohl ein größerer Posten an Lehrmaterial als Spende übergeben werden soll...und der General meinte, sie wären genau die Richtige dafür, Ma'am", erklärte er und reichte ihr die Einladung. Er hatte sich den ganzen Weg hierher die Sätze zurechtgelegt, denn immerhin war es eine gebildete Frau und er wollte nicht wie ein Trottel darstehen.
Lizzy stand gerade vor Colonel Rush, um den Teller abzuräumen, den dieser vollständig geleert hatte, als Ann-Marie eintraf.
Sie drehte sich zu ihr um und winkte ihr zu. "Aber sicher, kommen Sie doch herein und setzen sich, ich bringe Ihnen gleich einen Tee. Oder Kaffee? Ihre Äpfel sind fantastisch. Sie müssen den Apfelkuchen unbedingt probieren."
Dann drehte sie sich wieder zu Lassiter um. "Nun, Colonel, darf ich Ihnen noch etwas Gutes tun, einen Apfelpfannkuchen zum Abschluss?"
"Das hört sich doch gut an Miss Ward, also Sachen packen und los geht es. Ich werde Sie dann in Mason am Bahnhof abholen,wenn es Ihnen recht ist."sagte Sarah erfreut und zu Miss O`Neal gewandt. "Danke für das herrliche Rührei,ich werde dann mal meine Sachen packen und mich auf den Weg nach Mason machen." Sarah drückte Miss O`Neal eine 10 Dollarnote in die Hand und sagte "Stimmt so." sprang auf und verabschiedete sich von Miss Ward und von Miss O`Neal.
Miss Ward hörte sich sehr überrascht an, dass man sie zum Weihnachtsball nach Fort Mason schicken wollte, aber wenn es eine Spende für die Schule geben sollte... Sie dankte dem Sergeant-Major und trug ihm auf auszurichten, dass sie auf dem Weg sei zu packen. Dann zückte sie ihre Geldbörse und gab Miss Lizzy das Geld für Kaffee und Kuchen. Sie äußerte ihr Bedauern den schönen, mit Äpfeln geschmückten Baum zu Weihnachten nicht sehen zu können. Dann verabschiedete Sie sich und schlug den Heimweg ein. Ob wohl ihr altes Tanzkleid noch passte? Sie hatte es die ganze Zeit sorgfältig aufgehoben, obwohl sie schon lange nicht mehr davon ausgegangen war, es je wieder zu tragen.
Lizzy wünschte den beiden Damen einen guten Tag und schaute ein wenig fassungslos auf die 10-Dollar-Note. Sarah war so schnell verschwunden, dass sie nicht dazu gekommen war, ihr das Wechselgeld zu geben. Sicherlich kommt sie später noch einmal vorbei, dann kann ich es ihr immer noch zurück geben, dachte Lizzy.
Mit zwei Tassen Tee beladen kam Lizzy einen Augenblick später wieder aus der Küche, stellte die beiden Tassen auf dem Tisch vor Ann-Marie ab und schaute kurz in die Runde, ob noch jemand etwas bestellen wollte. Sah nicht so aus.
"So, meine Liebe, was kann ich denn für Sie tun?", fragte sie Ann-Marie und setzte sich zu ihr.
"Vielen Dank" sagte sie als Lizzy die Tasse vor ihr abstellte.
"Zum Einen dachte ich mir, ich komme vorbei und gebe Ihnen das Geld für den letzten Schinken, den Sie mir gebracht hatten," meinte sie und legte den entsprechenden Betrag vor Lizzy auf den Tisch. "Zum Anderen ist es ja nicht mehr lange bis Weihnachten" stellte sie lächelnd fest. "Mein Mann und ich verbingen Weihnachten in Fort Mason und da wir deshalb bald dorthin aufbrechen werden, dachte ich mir ich bringe Ihnen mein Weihnachtsgeschenk schon heute."
Sie schlug das Tuch über Ihrem Korb zurück und holte als erstes eine goldfarbige, zylinderförmige Blechdose, auf die Raffaels berühmte Engel aufgemalt waren, hervor und stellte diese auf den Tisch.
"Ich dachte mir, dass Sie bestimmt süße Dinge mögen. Darum habe ich mir erlaubt Ihnen hier ein paar selbstgemachte Mandelberge mitzubringen. Ich hoffe, Sie werden Ihnen schmecken." Dann griff sie nochmal in den Korb und zog eine etwa 20cm hohe, bauchige, verkorkte Glasflasche hervor, die mit einer gold-braunen Flüssigkeit gefüllt war. "Und das hier ist für den Fall, dass es so kalt wird, dass Kamin und Ofen alleine nicht mehr ausreichen. Das ist Hudson Bay, den ich selber angemischt habe. Der wärmt Sie dann von Innen," meinte sie mit einem Zwinkern. Ann-Marie strahlte über das ganze Gesicht und freute sich offensichtlich diese Dinge an Lizzy verschenken zu können.
Lizzy hatte sich wirklich über die Geschenke von Ann-Marie gefreut und war sichtlich gerührt, dass diese an sie gedacht hatte, war aber auf der anderen Seite auch ein wenig traurig, dass diese über die Feiertage nicht in Laredo sein würde. Eigentlich hatte sie sie und ihren Mann zum Weihnachtsessen einladen wollen. Aber sie gönnte Ann-Marie die unbeschwerten Tage auf dem Weihnachtsball und so wünschte sie ihr frohe Feiertage und drückte Ann-Marie zum Abschied, mit dem Versprechen, dass sie das Weihnachtsessen nachholen würden, sobald sie zurück wären.
Lizzy seufzte, als sie an den Besuch von Ann-Marie dachte. Und an das anschließende Weihnachtsfest. An die strahlenden Augen der Kinder, als sie den Tannenbaum, schwerbeladen mit Lichtern, Äpfeln, Nüssen und Strohsternen, entdeckt hatten, an die Weihnachtslieder, die kraftvoll durch die Nacht gehallt hatten, als ganz Laredo auf den Beinen war. An die Geschenke, die Kleinigkeiten, meist selbstgebastelt, die überall verteilt worden waren. Lachen und Singen, Freude und die feierliche Stimmung. Seit vielen Jahren hatten Lizzy und ihre Schwestern kein so unbeschwertes Weihnachtsfest mehr erleben dürfen.
Anschließend, als die große Weihnachtsfeier vorbei gewesen war, waren einige Freunde zu ihnen nach Hause gekommen und sie hatten alle zusammen ein sehr stimmungsvolles Festessen genießen können. General Stafford, Lassiter und Sean und einige andere Menschen, die ihr ihnen ans Herz gewachsen waren, hatten den Weihnachtsabend trotz ihres bescheidenen Hauses zu einem prachtvollen Ereignis gemacht. Fast wie früher, als ihre Mutter noch lebte. Lizzy seufzte.
Die Schwestern hatten in den letzten Stunden schwer gearbeitet. Sie hatte alle Habseligkeiten, ihre privaten und alle wertvollen Küchenutensilien, die sie besaßen und nicht mitnehmen konnten in einen alten Keller geschafft, den sie letzten Sommer in ihrem Garten gefunden hatten und den Zugang wieder unkenntlich gemacht. Sämtliche Vorräte hatten sie vor dem Restaurant aufgetürmt und ein Private der CS-Armee hatte sie, nachdem Lizzy den Stab hatte verständigen lassen, auf einen Wagen aufgeladen. Nun standen die drei Schwestern eng umschlungen vor dem Restaurant und betrachteten noch einmal das Haus, in dem sie in den letzten Monaten so viel gearbeitet, aber auch so viele neue Freunde gefunden hatten.
"Es wird Zeit, Meggie", sagte Lizzy leise zu ihrer Schwester, die eine Petroleumlampe in ihrer zitternden Hand hielt. "Ich kann es nicht, tu du es", entgegnete Meggie heiser und hielt Lizzy die Lampe hin.
Die Frauen hatten sich schon vor langer Zeit geschworen, dass sie ihr geliebtes Restaurant niemals den Mexikanern überlassen würden. Lizzy schluckte, schloss kurz die Augen, nahm dann die Petroleumlampe aus Meggies Hand, löste sich von ihren Schwestern, holte aus und warf diese durch die geöffnete Küchentür und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen auf ihre gesattelten Pferde zu.
Sie schwang sich auf ihr Pferd, brachte es aber nicht übers Herz, noch einen Blick auf das brennende Haus zu werfen, langsam lief ihr eine vereinzelte Träne über die Wange, die sie wütend wegwischte.
"Wir kommen zurück, ihr mexikanischen Bastarde, wir kommen zurück" schwor sie leise bei sich.
Eine fürchterliche Explosion war zu hören, es war so als würde die Erde untergehen.
Mit einem Glücksschuss hatten die Mexikaner das Munitionsdepot der Artillerie getroffen. Nach der Explosion war Ruhe, keine Kanone war mehr zu hören. Die Vögel fingen sogar wieder das Zwitschern an.