Caitlìns gab ein leises amüsiertes Glucksen von sich, als sie das Erstaunen der Dame sah. "Ich schreibe, obschon ich bei meiner Ankunft hier von einem französischen Gentleman gesagt bekommen habe, dass eine Dame eigentlich nicht einmal lesen sollte." Für Cate war die Redaktionsarbeit normal. Den Teil ihrer Arbeit, der selbst in den forschrittlichsten Kreisen Edinburghs für einen Skandal gesorgt hatte, unterschlug sie gerade. Zuviel wäre zuviel.
"Aber ehrlich gesagt finde ich das nicht fortschrittlicher als das, was mir eine Ladies hier erzählt haben, die ihre Farmen versorgt und verteidigt haben. Ich habe beispielsweise noch nie eine Schusswaffe bedient." Mutige Frauen, dass wusste sie, gabe es hier genügend. Sie hätte gern darauf hingewiesen, dass sie auch Charlotte Lacy unglaublich tapfer fand - einen Mann auf solche Art ins Ungewisse ziehen zu lassen, den Kopf dennoch mit angemessener Würde erhoben zu halten und zu lächeln, was war ein ungeheures Kunststück, was die Dame vor ihr scheinbar meisterte, ohne zerrissen zu werden. Sie erwähnte es jedoch nicht, um nicht den Schmerz zu betonen, den ihr Gegenüber sicher verspürte.
"Meine Cousine ist auch ein Beispiel amerikanischer Frauenkraft: Hat miterlebt, wie ihr Geschäft und Haus niedergebrannt wurden, ist durch den halben Westen geflohen, und nun kehrt sie zurück in ihre Heimatstadt. Sie denkt aber nicht nur daran, wie sie selber auf die Beine kommt, sondern an all die anderen Menschen in Not, denen sie helfen will, mit Arbeit und Fürsorge. Ehrlich gesagt finde ich da meinen Beruf sehr bequem und mich selber nicht halb so mutig wie die Damen des Balls. Wilder vielleicht." Wieder lachte sie leise, während sie Ann fast mit Zärtlichkeit musterte. Die sanften starken Frauen, die wurden manchmal übersehen, wenn ungestüme Dinger wie sie selbst daherkamen.
"Oh, machen Sie sich doch keine Mühe für mich, Miss Lacy. Ich komme auch so zurecht, sicher. Wenn es aber etwas gibt, mit dem ich Ihnen helfen kann, dann sagen Sie es mir. Ich habe meine eigenen Kontakte, und stecke zwar nicht voller Manieren, aber immerhin voller Ressourcen ungewöhnlicher Natur."
<Da war es wieder , dass unverbindliche Lächeln ... > dachte er bei sich < ...sieht so aus als wenn Sie irgendwas in den falschen Hals bekommen hatte> und erinnerte sich an damals er sie einkaufen waren ... <Ich werd wohl emanzipierte Frauen wohl nie wirklich verstehen>
"Danke ... ich werd mich aber erst noch beim Gouveneur melden, damit ich auch weiß wo er Quartier bezogen hat um mich dort ebenfalls ein zu quartieren "
"Und du .. wirst du die Frau des Gouveneurs begleiten ?? " fragte er unverbindlich ... und wendet sich dabei der Gruppe bei der Kutsche zu um zum Gouveneur zu gehen.
"Ja, das werde ich - solange, bis sie in Sicherheit ist, dann werde ich mich den Texas Rangern hier unten wieder anschließen! Ach ja, und der Gouverneur reist gerade ab", rief sie ihm noch hinterher und sah ihm nach, wie er davonstapfte.
Ann-Marie hatte Miss Lacy mit einem Nicken begrüßt, als diese am Haus ankam. Da die anderen bereits die Frage nach Miss Roquefort beantwortet hatten, schwieg sie dazu.
Sie wurde leicht verlegen, als sie Caitlins Lobesworte auf ihre Person vernahm. "Nunja, so ist das im Krieg nunmal. Und dieser ist ja bereits der zweite. Man tut was man kann. Jeder trägt seinen Teil dazu bei, auf die Art, die am besten zum ihm passt, nicht wahr?" Sie zeigte ein trauriges Lächeln und zuckte mit den Schultern. "Wir hatten Glück, dass wir bislang doch immer wieder auf die Füße gefallen sind. Gück und Menschen, die uns dabei geholfen haben."
Sie musste an das Gefangenenlager denken und an dass, was ihr und den anderen Frauen beinahe widerfahren wäre. Die Erinnerung ließ sie erschaudern. Bilder von Miss Roquefort mit dem blutigen Skalpell in der Hand, von ihrem Mann, dem man den Arm brach, der Peitsche die auf McAllisters Rücken niedersauste, das selbstgefällige Grinsen den Kommandanten und das große Küchenmesser in ihrer Hand, mit dem sie doch nichts hatte anfangen können... und die Erleichterung als sie endlich ihren Fuß in den Zugwagon gesetzt hatte, der sie alle von dort fortgebracht hatte. Wenn man es genau nahm, schuldeten sie dieser Gemeinschaft hier ihr Leben.
"Ohne Hilfe wäre ich sicher heute nicht hier. Deshalb liegt es mir am Herzen, diese Hilfe an andere weiter zu geben."
Nachdem Claudine einige wenige Zeilen an ihre Familie verfasst hatte, las sie den Brief noch einmal durch. Zu gerne hätte sie mehr geschrieben, aber sie wollte nicht unhöflich sein und Mrs Fosters Zeit zu sehr in Anspruch nehmen. Mit einem Seufzen faltete sie den Brief zusammen, steckte ihn in ein Kuvert und adressierte ihn an ihre Eltern. Dann stand sie auf, verließ das Kaminzimmer und ging nach draußen.
Am Eingang angekommen stellte sie fest, dass sich dort noch mehr Personen zusammengefunden hatten. Sie grüßte Charlotte mit einem lächelnden Kopfnicken und wendete sich an Ann-Marie: "Mrs Foster, isch hoffe isch habe sie nischt zu lange auf gehalten. Es ist wirklich zu freundlisch, dass sie sisch angeboten haben, meinen Eltern einen Brief zu bringen. Isch hoffe nur, dass es nischt zu viel Aufwand für sie ist. Die Dauphin Road befindet sich in der Nähe des French Market. Meine Eltern sind in der Gegend relativ bekannt, sie sollten sisch also relativ einfach finden lassen." Insofern sie gesund in New Orleans angekommen sind, fügte Claudine in Gedanken hinzu und überreichte Ann-Marie das Kuvert.
Erleichtert sah Rachel ihren Mann doch noch rechtzeitig zurückkommen. Sie genoss seine Umarmung und drückte ihn ebenfalls fest an sich, während sie ihr tränennasses Gesicht in seiner Schulter verbarg. So standen sie eine Weile reglos da, bis sie ihm dann ins Ohr flüsterte: "bitte versprich mir, dass du auf dich aufpasst. Halte dich im Hintergrund, wir beide brauchen dich auch, vergiss das nicht. Ich liebe dich, das weißt du. Bitte gib auf dich acht!" Ohne eine Antwort abzuwarten küsste sie ihn, so stürmisch, wie es sich in der Öffentlichkeit übehaupt nicht gehört und man nicht einmal von den Carrigans gewohnt war.
Charlotte hatte den beiden Frauen, die wohl unterschiedlicher nicht hätten sein können, schweigend zugehört. Kurz dachte sie an ihre Schwester, waren Margaret und sie nicht ebenso unterschiedlich wie Mrs. Foster und Miss MacRae? Der Gedanke an Margaret versetzte ihr einen Stich und sie beeilte sich den Worten von Miss Foster wieder ihre volle Aufmerksamkeit zu widmen. Sie sah den Schatten der sich über Ann-Maries Gesicht legte und fragte sich still an was die junge Frau wohl gerade dachte. Sie kannte die Fosters seit nunmehr zwei Jahren, seit sie damals nach Laredo gekommen war… Viel war in diesen zwei Jahren geschehen und einiges davon hatten sie zusammen durch gestanden. Sie wusste dass sich hinter dem sanften Wesen von Mrs. Foster eine starke und tüchtige junge Frau verbarg.
„Ja, sie haben Recht Mrs. Foster, wir hatten tatsächlich Glück das wir bisher immer wieder auf die Füße gefallen sind, und sie Miss MacRae haben Recht wenn sie ihre Cousine für ihre aufopferungsvolle Hilfe und Führsorge loben! Die Wenigsten denken derart selbstlos wie sie in solch schweren Zeiten!“ Wieder schweiften ihre Gedanken ab. Ich habe meine eigenen Kontakte, und stecke zwar nicht voller Manieren, aber immerhin voller Ressourcen ungewöhnlicher Natur… Die Worte der jungen Schottin hallten in ihrem Kopf nach. Für einen Augenblick sah sie ein paar blauer Augen vor sich.
Ihre Gedanken wurden unterbrochen als Claudine Roquefort zu der kleinen Gruppe trat um Mrs. Foster einen Brief zu übergeben. Sie grüßte die junge Frau freundlich und wartete dann bis sie ihr Gespräch mit Mrs. Foster beendet hatte. „Mrs. Roquefort, ich war gerade auf der Suche nach ihnen als diese beiden Damen so freundlich waren mir mitzuteilen das sie sich kurz zurück gezogen hätten!“ sagte sie halb entschuldigend da der Aufenthalt am Bahnhof länger gedauert hatte als geplant. „Ich hoffe ich habe sie nicht zu lange warten lassen? Gibt es Anweisungen? Kann ich noch irgendetwas tun bevor wir abreisen?“
"Mrs. Roquefort, das ist kein Aufwand und das mindeste was ich tun kann" meinte Ann-Marie und lächelte sie an, als diese ihr den Brief reichte. "Ich mache das sehr gerne," sagte sie und verstaute den Brief in ihrer Reistasche, die sie an der Seite abgestellt hatte.
Als sie hörte was Miss Lacy sagte, war sie wieder etwas verlegen und antwortete: "Sie sind auch nicht weniger führsorglich als ich und dazu noch wesentlich mutiger. Genauso wie Miss Roquefort. Sie gehen zurück an die Front und helfen dort im Lazarett. Ich muss ehrlich gestehen, ich helfe gerne, aber ich habe Angst um mein Leben, wenn die Front so nahe ist und wenn ich die Wahl habe, dann helfe ich lieber ein paar Meilen hinter den Linien, wo man nicht ständig Gefahr läuft erschossen zu werden." Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern.
"Kann man Ihnen an die Front telegraphieren, Miss Roquefort? Ich würde Ihnen gerne mitteilen, wenn ich Ihren Brief übergeben habe."
Claudine wollte gerade etwas sagen, da fiel ihr Blick auf die Carrigans, die sich auf dem Hof verabschiedeten. Bei dem Anblick des doch sehr ungehörigen Kusses schmunzelte sie kurz, wobei ein Hauch von Melancholie auf ihrem Gesicht lag und wendete ihren Blick von der Szenerie ab. Sie sah Ann-Marie an und sagte: "Isch denke nischt, dass sie sisch die Umstände machen und vor allem die Kosten auf sisch nehmen sollten, mir zu telegrafieren Mrs Foster. Meine Familie wird mir sischerlich einen Brief schreiben und der wird misch dann erreischen, wo immer isch dann auch sein werde." Sie lächelte freundlich und aufrichtige Dankbarkeit lag in ihren Augen.
Anschließend sah sie zu Charlotte. "Die einzigen Anweisungen, die isch bisher habe ist, misch abreisebereit zu halten. Isch habe hier jedenfalls alle meine sieben Sachen zusammen gepackt und warte jetzt ebenfalls auf weitere Anweisungen von Kaptain Grant."
Vor dem Haus stand bereits eine weitere Kutsche, die schon mit dem Gepäck von Mrs. Carrigan beladen war. Rundherum standen viele ihr nun bekannte Personen und verabschiedeten sich. Die Carrigans umarmten sich gerade und Miss Ashbury unterhielt sich.
Einen kurzen Moment überlegte sie, was sie nun tun sollte. Schließlich musste sie ja noch mit Captain Grant sprechen. Nur gut, das ihr Gepäck bereits fertig oben in ihrem Zimmer stand. Das würde sie zuerst holen müssen, dann nach Captain Grant Ausschau halten und dann mal sehen.
Eilig lief sie an den Menschen vorbei auf ihr Zimmer. Einen Koffer nach dem anderen schob sie mühsam vor die Tür. Konnte sie noch jemanden fragen ihr zu helfen? Wo doch alle schon abreisefertig waren?
Eine Hand schnappte sich einen ihrer Koffer und wuchtete ihn auf die Kutsche. Mrs. Ashbury hatte die Not der Apothekerin gesehen, da Timothy - ihr Gesprächspartner - gerade gegangen war. Es war ja sowieso schon egal, da ihre Arme bereits seit dem Gepäck von Mrs. Carrigan weh taten. "Wieviel ist es noch?"
Caitlìn hatte das Kommen und Gehen beobachtet und dem Gespräch gelauscht, aber nicht die Notwendigkeit empfunden, weiteres hinzuzufügen. Den Kuss der Carrigans hatte sie mit wenig Anstoß beobachtet, eher mit eine Art Erleichterung. Offenbar war es in Amerika in Ordnung sich zu küssen - gut, dass zu wissen. Als Miss Higginbottom nach kurzem Zögern an ihnen vorbei hoch zum Zimmer eilte, hätten auch wenig kluge Geister den Schluss gezogen, den die Schottin nun traf: Sie würde ihr Gepäck holen gehen, und wie bei den meisten Damen gab es davon sicher nicht wenig. "Ich gehe kurz nach oben, nachsehen ob meine Hilfe vielleicht benötigt wird. Ich komme gleich wieder..." verabschiedete sie sich artig von der Gesellschaft. Oben angekommen - diesmal etwas geziemlicher als beim Abstieg - schenkte sie ihr fröhliches Lächeln der jungen Dame, die etwas durcheinander wirkte. "Soll ich helfen? Unser Gepäck ist bereits unten, und etwas Bewegung tut meinem unruhigen Geist gut."
Madeline eilte an den Damen vorbei ins Haus, Claudine grüßte sie kurz mit einem Lächeln und wendete sich dann an Charlotte: "Isch finde, das ist eine schöne Idee Mrs Lacy." Charlottes frösteln war ihr nicht entgangen und das sie nicht gefrühstückt hatte auch nicht. "Isch könnte auch noch eine Tasse heißen Tee oder dergleischen vertragen. Mrs Foster, wie steht es mit ihnen?", fragte sie Ann Marie, die alleine mit ihnen vor dem Eingang zurück geblieben war.
Da Caitlin ebenfalls nach oben gegangen war, um vermutlich Ms. Higginbottom zu helfen, wartete Victoria unten an der Kutsche auf das weitere Gepäck. Wenigstens musste sie dann nicht noch mehr Treppen laufen... Ungeduldig wippte sie auf den Fußballen, denn der Kuss der Carrigans dauerte ihr zu lange und war zudem auch noch reichlich ungehörig, aber was sollte es: die beiden konnten es sich leisten. Schließlich räusperte sie sich. "Ma'am, können wir los? Ms. Higginbottom ist auch gleich soweit!"