Auch Claudine war bei der Ankunft des Generals von ihrem Stuhl aufgestanden und hatte salutiert. Anschließend blieb sie stehen, nach etwa einer viertel Stunde fing jedoch ihr rechtes Bein etwas zu schmerzen, da sie durch die Verletzung des linken Beines, das Gewicht nicht verlagern konnte. Sie überlegte, eine Zeitlang, wie sie sich wieder setzten könnte, ohne das es unhöflich gewesen wäre.
Schließlich fragte sie Patrick:"Würde es Dir etwas ausmachen, mir meinen Hocker an den Tisch mit den Apparaturen zu stellen? Isch würde gerne an ein, zwei meiner Tinkturen weiter arbeiten."
Lizzy kam am Zelt der Mediziner an und war etwas erstaunt, so viele fremde Soldaten in dem Zelt anzufinden.
"Guten Abend Miss Roquefort, die Herren. Ich dachte, sie könnten vielleicht eine Kanne Kaffee gebrauchen", sagte sie freundlich lächelnd in die Runde.
Dann fuhr sie fort: "Ich möchte Ihre Unterhaltung ungern stören und sicher haben Sie wichtige Dinge zu besprechen, aber meine Schwester und ich haben uns gerade gefragt, was mit all den Soldaten ist, die gerade eingetroffen sind. Sollen wir die auch verpflegen oder versorgen sie sich selber? Im ersteren Fall wäre es sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie mir jemanden schicken könnten, der mit uns die Anzahl der benötigten Mahlzeiten und vor allem die Anzahl der Soldaten absprechen könnte."
Der General lächelte kurz. "Ich würde mich über einen Kaffee freuen, Ma'am", brach er das Schweigen. "Sein sie so gut und bringen sie ihn...", er schaute auf die Gebäude und lauschte den leisen Worten seines Adjutanten "...ins Office des Sheriffs. Das werde ich bis morgen als Büro requirieren.
Ich verabschiede mich dann zunächst. Wenn etwas ist, sie alle wissen wo sie mich finden. Ansonsten wenden sie sich am Major O'Melly oder meine Ordonnanz Sergeant McCormik bzw. meinen Adjutanten Captain Quaide ."
Dann verließ er die Gruppe und zog ins Office ein. Der Sheriff war wohl für ein paar Tage unterwegs, deshalb bot es sich an....
Edward stand auf als sich der General verabschiedete, da er noch etwas Dringendes loswerden wollte.
„Sir, bevor sie sich zurück ziehen. Colonel O´Hara gab mir den Befehl ihm per Telegramm einen Bericht zur Lage zuschicken. Mit Ihrer Erlaubnis würde ich das jetzt gerne erledigen und ihn auch über ihre Ankunft in Kenntnis setzten. Wenn er nichts von uns hört könnte das die verworrene Situation nur noch verschlimmern.“
„Und wenn ich noch etwas anmerken darf, Sir. Sie sollten umgehend ein Gespräch mit Colonel McAllister suchen.“
Lizzy nickte dem General zu. "Bin gleich bei Ihnen." Innerlich schüttelte sie den Kopf. Es machte wohl keinen Sinn einem General zu erklären, dass er sich seinen Kaffee auch gerne selber abholen kann. Obwohl sich ihr Lächeln bei der Vorstellung, wie sie ihm das unterbreiten würde, eine Spur vertiefte, ließ sie sich nichts anmerken.
Nachdem er gegangen war, ging ihr Blick von Grant zu O'Melly und blieb dann O'Melly hängen, schaute kurz auf seine Schulterklappen und meinte mit einem freundlichen Lächeln: "Sie sind dann wohl Major O'Melly, nicht wahr? Mein Name ist Lizzy O'Neal. Und ich denke, ich werde meine Frage von vorhin direkt an Sie weitergeben."
Sie schaute einmal in die große Runde: "Aber zunächst einmal: Wer möchte einen Kaffee?"
Forrester blieb bei O'Melly stehen. "Sie dürfen das anmerken, Major...und Colonel O'Hara können sie auch informieren. Aber dann werden sie nach einer kurzen Pause wie angeordnet zur Baustelle hin abrücken. Bis auf sie natürlich, denn sie hätte ich bei dem Gespräch mit dem Colonel gerne dabei. Die Freizeitreglung ihrer Soldaten könne sie etwas lockerer anfassen..zunächst. Es gibt hier einen Saloon und die Männer waren lange unterwegs. Alles weitere besprechen wir morgen um 10. Kommen sie dann mit ihren Kompanieoffizieren zu mir."
Dann verließ er die Runde endgültig, wobei er Lizzy kurz dankend zunickte.
Edward salutierte und rief seine Kompanieführer zu sich, da wendete er sich Lizzy zu.
„Nun Mam, wenn sie noch einen Augenblick Zeit haben? Ich muss mich eben mit meinen Offizieren besprechen, danach stehe ich ihnen zu Verfügung. Wenn sie so lange hier warten möchten? Es dauert nicht lange.“
Nach ein paar Minuten waren alle Offiziere anwesend.
„Gentleman, lassen sie die Männer ein wenig ausruhen, es war ein langer Marsch. Die Männer können auch in den Saloon gehen, aber achten sie drauf das sie es nicht übertreiben. In drei Stunden machen sie sich auf den Weg zur Baustelle. Wir werden die dortigen Kräfte beim Bau unterstützen. Ich werde später nachkommen, meine Anwesenheit wird hier noch gebraucht. Fragen? Keine? Danke, wegtreten!“
Edward ging wieder zu Lizzy.
„Nun, wie sie gehört haben werden wir nicht lange hier bleiben. Die Männer haben noch genug Feldproviant und wir werden in ein paar Stunden schon nicht mehr hier sein. Wenn wir am Fort sind, werden wir da versorgt. Sollte sich diesbezüglich noch etwas ändern, werde ich es ihnen mitteilen lassen. Aber ich danke Ihnen für das Angebot.“
Patrick war ebenfalls ein wenig überrascht gewesen, als nun plötzlich auch noch ein General auftauchte, aber er war sich sicher, ein zu kleines Licht zu sein um die Aufmerksamkeit des generals auf sich zu lenken, deshlab war er ein wenig ruhiger als Elias. Er hatte mit besorgnis gesehen, wie auch Claudine aufgestanden war und nach einigen Minuten unruhig wurde, warscheinlich wegen ihrem Bein. Als sie ihn dann nach dem Hocker fragte war er nur allzu bereit ihr zu helfen. Er Lächelte und nicht und stellte ihr dann den Hocker an ihren kleinen Tisch mit ihren Kräutern und Gerätschaften. Patrick war zwar ebenfalls in der Lage einfache Medikamente selbst herzustellen, aber er war nicht so Naturorientier wie Claudine. Wenn er etwas brauchte um Medikamente herzustellen nahm er es aus den Glasflaschen und Tiegeln im Krankenhaus. Dinge die er bestellt hatte und zwar nach Liste. Er Läcjhelte erneut bei diesem Gedanken.
Wäre Lizzy nicht so gut erzogen, hätte sie nach O'Mellys Worten vermutlich das Gesicht verzogen oder sich lautstark aufgeregt. Was dachte sich dieser Major eigentlich, sie hier minutenlang stehen zu lassen, um dann zu sagen: Nein, Danke?!?!?!
So lächelte Lizzy nur und sagte: "Na dann einen schönen Abend noch, Major."
Und dann an den Rest gewandt: "In zirka einer Stunde ist das Essen bereit."
Zu Claudine: "Schaffen Sie es zu uns herüber oder soll ich Ihnen etwas bringen lassen?"
Dann wieder an die ganze Runde: "Ich werd dann mal dem General seinen Kaffee bringen, der gute Mann wartet ja auch schon eine Weile. Bis später."
Lächelnd und innerlich kopfschüttelnd ging Lizzy rüber zur Küche, um für den Genral Kaffee zu holen. Yankees!!!
Als die Offiziere und Lizzy verschwunden waren atmete Elias hörbar aus. "Na Gott sei Dank, die sind erstmal weg. Leider ist uns McAllister mit seiner Nachuntersuchung durch die Lappen gegangen", meinte er und gesellte sich zu den beiden Stewards. "Wir müssen uns jetzt aber schleunigst um ihr Bein kümmern Claudine...setzen sie sich mal dort auf den Behandlungstisch...."
"Ach und Patrick, nicht vergessen, dass wir morgen diese Lieferung abholen müssen. Unser Zug geht um 16:00. Und auf dem Rückweg hat uns der Gouverneur eingeladen...Hoffentlich sind Major Summers und Lieutenant Wallace morgen früh mit dem restlichen Personal da."
Claudine, die sich, nachdem Patrick ihr den Hocker an ihr Tischchen gestellt hatte, sofort daran gemacht hatte, ihre gesammelten Kräuter zu verarbeiten, schaute hoch, als Lizzy O'Neal sie ansprach.
"Oh non merci, das ist wirklisch sehr nett von Ihnen, aber isch würde sehr gerne mit den anderen zusammen bei Ihnen auf der Veranda essen. Dann müssen meine Kameraden nischt so oft laufen, weil misch die Völlerei bei all den guten Sachen überkommt.", antwortete sie mit einem Lächeln.
Als sie Captain Grant aufforderte, auf dem Behandlungstisch Platz zu nehmen zögerte sie erst. "Sind Sie sischer Sir, dass es notwendig ist? Das Knie schmerzt schon gar nischt mehr so sehr und isch bin sischer, dass es jetzt einen guten Heilungsverlauf nehmen wird."
Elias schaute erst lächelnd zu Patrick Murphy und dann zu Claudine. "Steward, irgendwann werden sie Ärztin sein... und ich sage ihnen, es ist wirklich anstrengend wenn die Patienten jedesmal die Behandlung zunächst ausdiskutieren wollen. Also auf den Tisch mit ihnen, dann schaue ich mir das Knie an und entscheide selbst ob es notwendig war oder nicht. Alternativ, trage ich sie hinüber...also?"
Nach diesen freundlichen Worten schaute er die junge Medizinerin abwartend an...
Claudine musste innerlich über das Gesagte von Captain Grant schmunzeln. Er hatte ja recht, und das wusste sie nur zu gut. Ging sie doch nicht viel anders mit den Patienten um. Aber sie fürchtete, dass das Knie, auch wenn es zur Zeit anscheinend wirklich auf dem Wege der Besserung war, vielleicht doch nicht vernünftig heilte, und am Ende doch noch amputiert werden musste. Claudine wusste, dass ihr Herauszögern nicht gerade förderlich und alles andere als sinnvoll war, aber die Angst war größer.
"D'accor Captain Grant, isch weiß ja sie haben vollkommen Rescht.", sagte sie und stand langsam von dem kleinen Hocker auf, stützte sich auf dem umstehenden Mobiliar des Lazarettes ab und hinkte zum Behandlungstisch. Umständlich nahm Claudine darauf Platz und begann vorsichtig und mit zittrigen Händen den stützenden Verband mit den Holzstücken zu lösen.
Elias folgte Roquefort zum Behandlungstisch und legte ihr eine Decke als Kopfkissen hin. "Hinlegen und Hände weg vom Bein", meinte er deutlich aber freundlich und ließ sich von Patrick eine Schere geben mit der er einfach vorsichtig zunächst die Stützen und dann den Verband entfernte, bevor er das Hosenbein genausovorsichtig bis über das Knie hochschob.
Dann schnitt er den eigentlichen Verband auf und legte die Wunde behutsam frei, wobei er Murphy hinzuzog...
"Das sieht ja schon viel besser aus als heute morgen, auch wenn wir die leichte Entzündung nicht wegbekommen haben. Ich würde vorschlagen wir versuchen einmal einen von diesen Kräuterbrei-Umschlägen, die Lieutenant Adams immer benutzt hatte. Es ist zwar irgendein Indianerkrams aber es hat immer schnell und sehr gut gewirkt und die Entzündungen heilten sehr schnell ab", schlug er vor.
Claudine legte sich nur widerwillig hin. Sie wollte selber sehen, wie es um ihr Bein bestellt war, aber sie wusste, dass Widerrede in diesem Fall völlig zwecklos war.
Als Captain Grant die Wunde freilegte zuckte sie ein-/zweimal zusammen, da der Verband leicht mit der Wunde verklebt war. Dann hatte sie versucht sich etwas aufzurichten, um einen Blick auf das Knie zu erhaschen, aber der strenge Blick von Captain Grant lies sie schnell wieder zurück sinken.
Als es hies, dass die Wunde immernoch leicht entzündet sei, wurde Claudine etwas bleich um die Nase. Mon dieu, dachte sie sich, sieht es wirklich besser aus oder versucht er mich nur zu beruhigen.
"Sir, seien Sie ehrlisch zu mir, werde isch mein Bein behalten können?", fragte sie mit einem Zittern in der Stimme und schaute dabei Captain Grant mit einem angstvollen Blick an.