Als die beiden vor dem Lazarett standen, schwiegen sie eine Weile.
Dann meinte Wes: „Ich muss dann mal mit dem Papierkram zum Major und die Uniformen ausgeben.“ Er sah auf den Boden. „Vielleicht würde Sie mir die Ehre erweisen und bei der Ausgabe helfen, ich kenne ja den Lieutnant nicht...“ Ihre Augen wurden etwas größer und Freude blitze darin auf, sie versuchte einen gleichgültigen Tonfall in die Stimme zu bringen, dabei überschlug sie sich aber fast: „Selbstverständlich Mr. Baker, darf ich Ihnen vielleicht für die Mühe etwas Wasser anbieten?“ „Oder einen Tee?“ brachte sie dann laut und unsicher hervor. Wes nickte und lächelte viele Gedanken schossen ihm durch den Kopf aber sagen was er dachte traute er sich nicht. „Ich, äh, werde dann mal zum Major aufbrechen, wegen des, äh, Papierkrams...“
Er ging durch die Tür und ging direkt nach links. „Major Summers ist...“ Sie deutete nach rechts als er sich umdrehte. „Danke“ sagte Wes und ‚du dummer Tölpel’ dachte er.
Dann sah er den Major, sie stand gerade mitten im Raum. Wes war viel zu aufgeregt und auch verwirrt als das er realisieren konnte, was Major Summers gerade machte.
„Sir“ Er stand still, unter dem rechten Arm das Bündel und unter dem linken das Formular. „Private Baker, meldet sich mit den angeforderten Uniformen.“
Private Wesley Baker 2nd US Cav. A-Cy, 1st Platoon
Susan drehte sich zu Wesley um, eine Tasse Kaffee in der Hand. Der Private hatte sie wohl aus einem Gedanken gerissen.
"Oh, Private, das ging ja schnell. Danke. Bitte legen Sie die Uniformen dort auf den Tisch. Wo soll ich unterschreiben?"
Sie stutzte kurz und nahm Private Baker genauer in Anschein.
"Private Baker. Geht es Ihnen gut? Sie haben einen hochroten Kopf. Fühlen Sie sich schlecht oder etwas schwach? Sie scheinen mir etwas zittrig und leicht irritiert."
Susan hatte in den vergangenen Tagen immer wieder ihre Rundgänge durch die verschiedenen Lager gemacht. So viele Menschen an einem Ort, unter derart unakzeptablen hygienischen Zuständen waren ihr ein Gräuel. Sie hatte die Befürchtung, dass über kurz oder lang sich eine Epidemie ausbreiten könnte. Aufmerksam musterte sie das Gesicht des jungen Privates und sah ihn dabei fragend an. In ihrem Kopf ging sie schnell mögliche Krankheiten durch, was ihr eine Sorgenfalte auf die Stirn trieb.
__________________________ Major (MD) Susan Summers
"Nein, äh Sir mir geht es gut." er reichte Summers den Blatt zum unterschreiben. "M-Major, der Sergeant sch-schickt Ihnen beste Grüße und unsere beste Uniformen. Außerdem erbittet er medizinische Versorgungsgüter."
Wes erschauderte unter dem Kichern der Schwestern, gott war ihm das peinlich.
Private Wesley Baker 2nd US Cav. A-Cy, 1st Platoon
Summers setzte gerade zur Unterschrift an, als sie für einen Moment innehielt und den Stift absetzte.
"Welcher Seargeant? Und von welchen medizinischen Versorgungsgütern sprechen Sie?", fragte sie dann sehr freundlich nebenher und warf einen genaueren Blick auf das Blatt, was sie gerade im Begriff zu unterschreiben gewesen war.
__________________________ Major (MD) Susan Summers
George sah Miss Higgenbottom an, dann viel es im wie Schuppen von den Augen. „Ja natürlich, die kleine Madeline. Was machst du hier?.....Ich meine was machen sie hier, Mam?“
Im war es peinlich, das er Miss Higgenbottom einfach duzte, schnell verbesserte er sich.
„Ich habe lange nichts mehr von ihnen gehört. Wissen sie das meine Schwester, Charlotte, auch hier ist?“
„Wie geht es ihrem Mann? Ist er auch hier? Ich kann mich noch an die Feier erinnern.“
George drehte sich nach Sam um, aber der schien ins Zelt gegangen zu sein.
„Sam, kannst du dich noch an Miss Higgenbottom erinnern? Sie war als kleines Mädchen, während des Krieges 46-48, bei uns……“
Madeline freute sich sehr das George sie doch noch erkannte. „Seit wann siezen wir uns wieder? Ich denke über diesen Status sind wir um einige Jahre schon hinweg.“
„Charlotte ist auch hier? Das ist ja wunderbar. Wo kann ich sie finden? Wir haben uns sicher ne Menge zu erzählen.“
Die Frage nach ihrem Mann tat Miss Higginbottom weh. Zu sehr litt sie noch unter seinem Verlust. Allein die Erinnerung an das rauschende Hochzeitsfest und die wenige, wenn auch sehr glückliche Zeit ihrer Ehe, zerrissen ihr fast das Herz. Sie befürchtete, nie wieder jemanden so sehr lieben zu können wie ihn.
„Mein Mann ist nicht hier, George. Hat Charlotte es dir nicht geschrieben? Er ist in Shilo gefallen. Ein Hinterhalt der Yankees. Es hat mich mehr als hart getroffen. Ich stand ja nun allein da, mit unser beider Unternehmen. Aber, lass uns lieber vom etwas anderem sprechen!“
Die Freude, George zu treffen und zu wissen das Charlotte auch im Fort ist und vor allen Dingen noch am Leben, war groß.
„Was ist dir passiert? Warum blutest du? Und wer ist Sam? Er soll sich an mich erinnern?“
Auf der Kutsche regte sich eins der Kinder. Es machte den Anschein als wolle es erwachen. Madeline schaute sich um. „Tut mir leid, George. Ich muss die Kinder ins Waisenhaus schaffen. Sie sollen sich von der langen Reise erholen können. Wo kann ich dich treffen? Du musst mir unbedingt erzählen wie es dir in den vergangenen Jahren ergangen ist.“
Sie streckte George freundschaftlich und zum ersten Mal seit langem, richtig lächelnd die Hand entgegen zum Abschied. Inständig hoffte sie, ihn nicht zum letzten Mal gesehen zu haben. Die Menge an Blut die aus seinen Haaren floss war besorgniserregend. Und er war doch der erste Bekannte den sie seit den letzten Jahren traf. Sie wollte nicht in einer fremden Umgebung, wie hier, ganz allein auf sich gestellt sein. Wenigstens mal hin und wieder jemanden zum Reden haben….
George Purcell. Kaum zu glauben. Einerseits Seite freute er sich, den totgeglaubten Mann wieder zu sehen, auf der anderen Seite war er mehr als entsetzt, wie dieser aussah. Wie nach einer Saloonschlägerei. Aber unter den Umständen, die der Krieg verursachte konnte man wohl nicht zu viel erwarten. Allerdings gab es Colonel Rush zu denken, dass George keine Uniform trug. In all der Zeit, hatt er ihn nie ohne Uniform gesehen. Nun ja, dieses Rätsel würde später gelöst werden. Colonel Rush räusperte sich, trat hinter der Kutsche hervor und sah George fragend an.
Er zögerte kurz, dann sprach er ihn an:
"Mr. Purcell. Ich nehme an, dass Sie gerade auf dem Weg zum Lazarett waren. Ich werde drinnen auf Sie warten und Sie hier in Ihrer Wiedersehensfreude nicht weiter stören.
Mam, wenn Sie mich entschuldigen?"
Er lächelte der jungen Frau noch einmal zu und verschwand im Zelteingang.
Colonel (MD) Lassiter Rush Surgeon General des CS Medical Department Garnisionsarzt von Laredo
Wesley sah sie verwirrt an. Die Krankenschwester kicherten noch immer und inzwischen sahen sogar ein paar Patienten auf die Beiden.
"Sir? Sgt. Mastersen, ich glaube er benötigt die medizinischen Güter zur Behandlung kleiner seelischen Verletzungen. Sir."
Seine Gedanken waren hin und her gerissen, aber inzwischen beruhigte er sich, der Kopf verlor an Röte und er richtete sich auf.
Einen kurzen Augenblick sah er wieder zum Eingang um Vivien zu erblicken, aber sie war schon wieder fleißig bei der Arbeit und er sah sie erst, als er ein wenig durch den Raum blickte. Sie sahen sich kurz an und Wes war mindestens drei, vier Sekunden geistig nicht anwesend. 'Verdammt' dachter er 'was soll der Major denken?'
Er schülte den Kopf ein wenig um ihn wieder frei zu kriegen, dann gehörte die Aufmerksamkeit wieder Summers.
Private Wesley Baker 2nd US Cav. A-Cy, 1st Platoon
"Ärztliche Anweisungen...tz... wer braucht die schon? Sie haben doch bestimmt einen Schlüssel zum Giftschrank..." meinte Sam
Als er sah, daß Claudine nicht zum Scherzen aufgelegt war seufzte er.
"Na gut.... ich werde mich dann an die Ärzte wenden.... und Sie legen sich jetzt hin und ruhen sich richtig aus." sagte er zu Claudine und klopfte ihr auf die Schulter.
"Bis später mal, Steward." meinte er freundlich
Sam wandte sich zum Gehen und verließ das Zelt.
Draußen sah er sich nach Col. Rush um, er sah immer noch bei George stehen und ging auf die kleine Gruppe zu.
Claudine war sehr erleichtert, dass sich Colonel Mc Allister an die Ärzte wenden wollte. Es hätte nicht viel gefehlt und sie hätte ihrer Erleichterung mit einem Seufzer Luft gemacht. Als Sam ihr dann aber beinahe väterlich auf die Schulter klopfte, zuckte sie zusammen wie ein schuldbewusstes Kind vor den erwarteten Schlägen des Vaters. Wie kann er denn nur nischt böse auf misch sein, dachte sie kurz. Warum schreit er misch nischt an, warum werde isch für mein unverantwortlisches Handeln nischt zur Reschenschaft gezogen?, fragte sie sich. Alles hätte sie ertragen, nur diese Freundlichkeit, an deren Ehrlichkeit sie keinen Zweifel hegte, ließ ihre Schuldgefühle noch größer werden. "Das werde isch Sir.", antwortete sie noch auf seine Anweisung, sich hin zu legen. Dann salutierte sie als er sich abwendete und das Zelt verließ und sah ihm mit einem verzweifelten Blick hinterher. Ihre Augen füllten sich langsam mit Tränen. Ihr rechter Arm zuckte, als wolle sie ihn anheben und sie öffnete den Mund, als wolle sie Colonel Mc Allister noch etwas hinterher rufen, aber dann blieb der Arm schlaff herunter hängen und ihr Lippen schlossen sich fest aufeinander.
Claudine drehte sich ruckartig auf dem Absatz um und ging in zu Major Summers. Als sie jedoch aus ihrem Bereich Stimmen hörte, blieb sie in gebührendem Abstand stehen und wartete, dass der Major Zeit für sie hätte, damit sie die Meldung über die Verletzten weiter geben konnte. Während sie dort stand, versuchte sie ihre Fassung zurück zu bekommen. Sie wischte sich mit dem Jackenärmel über die Augen und zog unbewusst die Nase hoch.
Sam kam zu Colonel Rush, der ihm mit George entgegen kam.
"Colonel Rush, Sie habe ich gesucht meinte Sam. Ich bräuchte mal ein Mittelchen um den Tag beschwerdenfrei zu überstehen. Heute abend melde ich mich dann zur Nachuntersuchung, aber bis dahin muß ich funktionieren." meinte Sam
"Wenn Sie so freundlich wären, mir etwas zu geben?" fügte er hinzu
Colonel Rush grüßte Sam und sah ihn abschätzend an.
"In welche Kugel sind Sie diesmal gelaufen?", fragte er ihn dann freundlich. "Worum geht es denn? Sie wissen doch, dass ich Ihnen ohne weitere Angaben nichts geben kann. Beschreiben Sie mir kurz, um was es geht und schau was ich machen kann."
Colonel Rush winkte Sam ihm zu folgen und führte ihn an Summers vorbei, die er mit einem Augenzwinkern grüßte, in den Bereich, wo die Medikamente gelagert wurden.
"Ich nehme mal an, Sie sind ebenso mit dem letzten Zug aus den besetzten Gebieten angekommen? Setzen Sie sich, Colonel.", er zeigte auf einen Klappstuhl.
Colonel (MD) Lassiter Rush Surgeon General des CS Medical Department Garnisionsarzt von Laredo
Susan war Wesleys Blick durch den Saal gefolgt und ihr war der Blickkontakt zu Schwester Vivien nicht entgangen. Soso, dachte sie erleichert und hochamüsiert, daher weht der Wind also. Ein kurzes Schmunzeln zuckte in ihren Mundwinkeln, dann war sie wieder ernst. Später würde sie mit Schwester Vivien ein ernstes Gespräch über junge Soldaten führen müssen. Über diesen Private insbesonders.
"Seelische Verletzungen. Aha. Na dann folgen Sie mir mal, Private Baker."
Innerlich immer noch hoch amüsiert über den sich windenden Private, ging sie in einen abgeteilten Lagerbereich vor und drehte sich dann zum Private um, der ihr brav nachgefolgt war.
"Dann wollen wir mal sehen, was wir für ihren von seelischen Schmerzen gepeinigten Sgt. Mastersen tun können."
Susan griff in eine Kiste und holte eine Flasche hervor, die sie Private Baker in die Hand drückte.
"Gut wegstecken, Private. Und richten Sie Sgt. Mastersen meine besten Grüße aus. Erinnern Sie ihn bitte daran, dass er spätestens morgen Abend zur Nachuntersuchung hier auftauchen sollte. Es sei denn, er findet meine Fäden so schön, dass er sie behalten möchte."
__________________________ Major (MD) Susan Summers
"Sie sprechen im Singular?" scherzte Sam als er sich setzte
"Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen die Gastfreundschaft der Mexikaner genießen zu dürfen.... während des Aufenthaltes haben sich die Mexikaner gedacht, daß es eine gute Idee sei mir den Rücken in Streifen zu schlagen und später habe ich noch diverse Kugeln abbekommen....alles in allem sehr schmerzhaft, wie Sie sich sicher vorstellen können." fing Sam an
"Bevor ich mich hier krank melden kann, habe ich einige Dinge zu erledigen, denn unsere Truppen sind ein einziger Sauhaufen. Ich muß mindestens noch 1-2 Tage ohne Einschränkungen einsatzfähig sein um alles in die Wege zu leiten... Also geben Sie mir bitte etwas, was das gewährleistet und Sie haben mein Wort darauf, daß ich pünktlich zu den Untersuchungen erscheinen werde."
Wesley legte die Uniformen auf Summers Schreibtisch ab. Und nahm dann die Flasche an sich.
"Sir, danke Sir." Meldete er Dann begann er nervös das Büro zu verlassen. Kurz vor der Tür drehte er sich noch einmal um. "Äh-Sir ich glaube mich beim zählen von den Uniformteilen für die Steward geeirrt zu haben, aber vielleicht fällt es Ihnen ja gar nicht auf."
Ohne auf eine Antwort zu warten, ging er zügigen Ganges mit senktem Kopf durch das Lazarett. Verdammt war ihm das unangenehm. Draußen angekommen sah er kurz auf, ließ den Blick schweifen ohne was wahrzunehmen, und wählte seine Richtung. Dann stampfte er wieder mit gesunkenem Blick, die Flasche unter dem Arm ein Stück zu dicht an den Colonels vorbei. Fast wäre der über die ausgestreckten Beide von MacAlister gestolpert.
War nicht sein Tag, definitiv nicht!
Private Wesley Baker 2nd US Cav. A-Cy, 1st Platoon